Weltgeschichte
von Theo Prosel
Greift nur hinein in die Weltgeschichte,
wo ihr sie aufschlagt, ist sie penetrant.
Mein Herr, erinnern Sie sich nicht
des Kains, der den Abel erschlug,
weil er die Konkurrenz
vor dem lieben Gott nicht vertrug?
Und wie Kasperl noch heut’ im Kindertheater,
dachte nicht lang nach der Mörder-Urvater,
nahm eine Keule und machte bumm-bumm,
der Abel, er fiel mausetot um.
Dem Kain wurde zwar nicht verziehen,
doch das erste Abzeichen gratis verliehen.
Später ist die Geschichte komplizierter geworden.
Man betrieb mit Raffinesse das Töten und Morden.
Und war Kain noch allein, so gab’s mit den Jahren
die Kains in stramm geordneten Scharen.
Und machten die Kasperle wieder bumm-bumm
und erschlugen die Enkel, die Söhne, den Vater.
So saßen die Menschen gaffend herum,
wie eben Kinder im Kasperl-Theater
und patschten zum eigenen schäbigen Ende
beinah’ vergnügt in die schmutzigen Hände.
Man hat auf Teufel komm raus applaudiert,
das Kasperl-Theater ward heroisiert,
und ernste Männer mit Bärten und Brillen
suchten den Forschungsdurst sich zu stillen,
und begannen alles getreu zu notieren
und farbenprächtig zu illustrieren,
auf dass sie denen, die später leben,
mit Heldenphrasen die Hirne verkleben
und jene bei nächsten Gelegenheiten
aufs Neue zum Kasperl-Theater verleiten.
Und diese Kasperl-Theater-Berichte –
sehen Sie, mein Freund, das ist
W e l t g e s c h i c h t e !!
© Nachdruck und Aufführung nur mit Erlaubnis gestattet