© Zeichnung von Resi Prosel
Bartologische Lyrik
von Theo Prosel
Wie ein Sternschnuppe vom Himmel fällt,
So kommt der Witz in die schöne Welt,
Man weiss nicht, wo seine Wiege stand,
Manchmal hat er nicht eimal ein Vaterland,
Doch er ist da – und ist er stark und gesund,
Dann hüpft er freudig von Mund zu Mund
Und kommt er zu jenen, die das Witzeschreiben,
Sagen wir, als Gewerbe betreiben,
Dann wird er freudig adoptiert
Und der ganzen Welt als O r i g i n a l vorgeführt.
So kommt er zu dem Conférencier,
Zu dessen ehrenwertem Metier
Es gehört, einen Witz populär zu machen
Und im Augenblick, wo die Leute dann lachen,
Dann kann man wetten, dass auf der ganzen Welt
Ein jeder Conférencier ihn täglich erzählt,
Ein jeder natürlich nach eigener Art,
Zum Schluss hat der Witz – so einen Bart!
Und geht er auf Krücken und humpelt er schon schwer,
Solang die Leut lachen, gibt ihn doch keiner her!
Denn gerade die Witze, die man oft schon gehört,
Sind die, die allseitig am meisten begehrt,
Denn was sind denn die Lacher am Cabaret?
Die Lacher sind: die Valuta des Conférencier.
Nach Lachern wird bekanntlich die Gage taxiert,
Die von der Direktion bewilligt wird.
Für den Lacher verdient mann 100 Mark in der Schicht
Verdient man, doch man bekommt sie nicht!
Weil der Direktor gerade am Kostbarsten spart
Und sehen Sie, auch dieser Witz hat sooo einen Bart!
Aus “Simpl-Briefe” – Ausgabe Mai 1936
Herausgeber: Theodor Prosel
© Nachdruck und Aufführung nur mit Erlaubnis gestattet